Wie erkennt man den Zustand eines gebrauchten E-Bikes?

Der Kauf eines gebrauchten E-Bikes kann eine kluge Entscheidung sein – vorausgesetzt, du weißt genau, worauf du achten musst. Ob du ein Modell von Focus, Cube oder einer anderen Marke ins Auge gefasst hast: Die richtige Zustandsbewertung entscheidet darüber, ob du ein echtes Schnäppchen machst oder später teure Reparaturen bezahlst. In diesem Artikel zeigen wir dir, wie du den Zustand eines gebrauchten E-Bikes professionell einschätzt und welche Faktoren wirklich entscheidend sind.

Author's Picture

Fahrradmechaniker Alberto schraubt täglich an vielen E-Bikes und teilt sein Wissen gerne mit der Upway-Community. In seiner Freizeit ist er auf sportlichen Mountainbikes unterwegs.


Letzte Aktualisierung: 27. Dezember 2025

Warum die Zustandsprüfung so wichtig ist

E-Bikes sind komplexe Fahrzeuge mit elektrischen und mechanischen Komponenten, die unterschiedlich schnell verschleißen. Anders als bei herkömmlichen Fahrrädern spielen beim E-Bike zusätzliche Faktoren wie Akkukapazität, Motor-Performance und elektronische Steuerungssysteme eine zentrale Rolle. Ein auf den ersten Blick gepflegtes Rad kann versteckte Mängel aufweisen, während ein optisch gebrauchtes Modell technisch einwandfrei sein kann.

💡Upway-Tipp:

In unseren Werkstätten prüfen wir jedes E-Bike nach einem 20-Punkte-Checkverfahren. Dabei achten wir besonders auf verschleißanfällige Komponenten wie Akku, Motor und Bremssystem – Bereiche, die beim Privatkauf oft übersehen werden.

Der Akku: Das Herzstück deines E-Bikes

Die Batterie ist die teuerste Komponente eines E-Bikes und gleichzeitig die mit der begrenzten Lebensdauer. Ein neuer Akku kann je nach Modell zwischen 500 und 1.000 Euro kosten – Grund genug, seinen Zustand genau zu prüfen.

Ladezyklen und Restkapazität ermitteln

Moderne E-Bike-Akkus halten in der Regel 500 bis 1.000 vollständige Ladezyklen. Bei vielen Herstellern lässt sich die Anzahl der bisherigen Zyklen über das Display oder spezielle Diagnose-Tools auslesen. Als Faustregel gilt: Ein Akku mit über 500 Ladezyklen hat bereits mehr als die Hälfte seiner Lebensdauer hinter sich.


Die Restkapazität ist noch aussagekräftiger als die reine Zyklenzahl. Sie gibt an, wie viel Prozent der ursprünglichen Kapazität noch verfügbar sind. Alles über 80 Prozent ist gut, zwischen 70 und 80 Prozent akzeptabel. Liegt die Kapazität darunter, solltest du einen Akkutausch einkalkulieren.

So testest du die Akkuleistung in der Praxis:

  • Lade den Akku vollständig auf und fahre eine bekannte Strecke
  • Vergleiche die erreichte Reichweite mit den Herstellerangaben
  • Achte auf ungewöhnlich schnelle Entladung oder plötzliche Leistungsabfälle
  • Prüfe, ob sich der Akku problemlos entnehmen und wieder einsetzen lässt

Äußere Schäden und Lagerung

Untersuche das Gehäuse des Akkus sorgfältig auf Risse, Dellen oder Korrosion an den Kontakten. Beschädigungen können auf Stürze hinweisen und die Sicherheit beeinträchtigen. Frage auch nach der Lagerbedingung: Akkus, die über längere Zeit bei extremen Temperaturen oder vollständig entladen gelagert wurden, altern schneller.

Motor und Antriebssystem unter der Lupe

Der Motor ist nach dem Akku die zweitwichtigste – und zweitteuerste – Komponente. Glücklicherweise sind moderne E-Bike-Motoren sehr langlebig, wenn sie richtig behandelt werden.

Geräusche und Laufruhe

Bei einer Probefahrt solltest du auf ungewöhnliche Geräusche achten. Ein leises Surren ist normal, aber Klappern, Schleifen oder metallische Klickgeräusche können auf verschlissene Lager oder Probleme mit der Motorelektronik hinweisen. Teste den Motor in verschiedenen Unterstützungsstufen und bei unterschiedlichen Trittfrequenzen.


Die Kraftübertragung sollte gleichmäßig und ohne Verzögerung erfolgen. Ruckelt der Motor beim Anfahren oder gibt es spürbare Verzögerungen bei der Unterstützung, deutet das auf Probleme mit den Sensoren oder der Steuerungseinheit hin.

Servicehistorie und Fehlercode-Auslesen

Frage unbedingt nach Wartungsbelegen. Ein regelmäßig gewartetes E-Bike ist deutlich zuverlässiger. Bei vielen Herstellern können autorisierte Händler gespeicherte Fehlercodes auslesen – diese geben Aufschluss über frühere Probleme oder aktuelle Störungen im System.

⚠️ Wichtig:

Bei Upway durchläuft jedes E-Bike eine vollständige Motor-Diagnose. Wir dokumentieren alle Fehler und beheben sie vor dem Verkauf. Zusätzlich erhältst du 1 Jahr Garantie auf alle wichtigen Komponenten.

Rahmen, Gabel und mechanische Komponenten

Während Akku und Motor die teuersten Ersatzteile sind, dürfen die mechanischen Komponenten nicht vernachlässigt werden. Sie beeinflussen Sicherheit und Fahrkomfort erheblich.

Rahmeninspektion

Suche den Rahmen systematisch nach Rissen, besonders an Schweißnähten und stark belasteten Bereichen wie dem Tretlagerbereich oder den Ausfallenden. Auch Dellen oder tiefe Kratzer können die Strukturintegrität beeinträchtigen. Bei Carbon-Rahmen ist besondere Vorsicht geboten: Beschädigungen sind oft schwer zu erkennen, können aber die Festigkeit massiv reduzieren.


Achte auch auf Korrosion, besonders bei Aluminium-Rahmen. Weißliche Verfärbungen oder raue Stellen können auf beginnende Korrosion hinweisen. Bei Focus E-Bike Modellen mit Aluminium-Rahmen solltest du besonders die Verbindungsstellen zum Unterrohr prüfen.

Wichtige Checkpunkte am Rahmen:

  • Schweißnähte auf Risse untersuchen
  • Tretlagerbereich auf Spiel oder Knarzen testen
  • Aufnahmen für Komponenten auf Beschädigungen prüfen
  • Lack auf tiefe Kratzer bis aufs Metall kontrollieren

Federung und Dämpfung

Bei E-Bikes mit Federung solltest du die Funktion der Gabel und des Dämpfers testen. Drücke die Federung mehrfach zusammen – sie sollte geschmeidig arbeiten und ohne Geräusche in die Ausgangsposition zurückkehren. Öl an den Dichtungen deutet auf Verschleiß hin.


Die Einstellungen sollten sich leicht verändern lassen. Festsitzende oder schwergängige Einstellknöpfe zeigen mangelnde Wartung. Je nach Nutzungsintensität benötigt eine Federgabel alle 100 bis 150 Betriebsstunden einen Service – frage nach, wann dieser zuletzt durchgeführt wurde.

Verschleißteile und ihre Bedeutung

Bestimmte Komponenten verschleißen bei jedem Fahrrad, bei E-Bikes durch die höheren Geschwindigkeiten und Belastungen aber schneller.

Bremsen: Sicherheit geht vor

Die Bremsbeläge sind ein guter Indikator für die Gesamtlaufleistung. Prüfe die Belagstärke – bei weniger als 1-2 mm Restmaterial sollten sie erneuert werden. Auch die Bremsscheiben unterliegen Verschleiß: Sie sollten keine tiefe Riefen aufweisen und eine gleichmäßige Oberfläche haben.


Bei hydraulischen Bremsen teste den Druckpunkt. Er sollte definiert und reproduzierbar sein. Ein schwammiges Gefühl deutet auf Luft im System oder verbrauchte Bremsflüssigkeit hin. Der Austausch von Bremsbelägen ist günstig, ein komplettes Bremsen-Bleeding oder neue Scheiben schlagen mit 80-150 Euro pro Bremse zu Buche.

Antriebsstrang und Kette

Der Antriebsstrang ist beim E-Bike besonders gefordert. Prüfe die Kette mit einer Kettenlehre auf Längung – ab 0,75 Prozent Längung sollte sie ersetzt werden, um teure Folgeschäden an Ritzeln und Kettenblatt zu vermeiden. Untersuche auch die Zähne von Ritzelpaket und Kettenblatt: Sie sollten gleichmäßig geformt sein, nicht spitz oder haifischzahn-artig.

Anzeichen für Verschleiß am Antrieb:

  • Kette springt unter Last
  • Schaltung lässt sich nicht sauber einstellen
  • Laute Geräusche beim Schalten
  • Ungleichmäßiger Kettenlauf

Die Schaltzüge sollten leichtgängig sein, bei elektronischen Schaltungen muss die Akkuladung geprüft werden. Eine neue Kette kostet 20-40 Euro, ein kompletter Antriebsstrang-Tausch kann jedoch 200-400 Euro erreichen.

Elektronik und Display

Die elektronischen Komponenten eines E-Bikes sind komplex und im Schadensfall oft teuer zu reparieren.

Display und Bedieneinheit

Teste alle Funktionen des Displays: Lässt sich die Beleuchtung ein- und ausschalten? Funktionieren alle Unterstützungsstufen? Werden Geschwindigkeit, Reichweite und Akkustand korrekt angezeigt? Bei manchen Focus E-Bike Modellen lassen sich über das Display auch Wartungsintervalle und Fehlermeldungen abrufen.


Achte auf Pixelfehler oder Risse im Display-Glas. Die Verbindungskabel sollten fest sitzen und keine Scheuerstellen aufweisen. Wackelkontakte führen zu sporadischen Systemausfällen.

Beleuchtung und Verkehrssicherheit

Die Lichtanlage muss einwandfrei funktionieren. Prüfe Front- und Rücklicht, sowie bei vorhandener Ausstattung auch das Bremslicht. Die Verkabelung sollte sauber verlegt und fixiert sein. Lockere Kabel können in die Speichen geraten oder am Rahmen scheuern.

Laufräder, Reifen und Fahrverhalten

Die Laufräder tragen das gesamte System und sind wichtig für Sicherheit und Fahrkomfort.

Laufrad-Check

Hebe das Rad an und drehe die Laufräder. Sie sollten gleichmäßig rund laufen ohne seitliches Schlagen (Acht) oder Höhenschlag. Kleine Unrundheiten sind normal, größere Schläge erfordern ein Zentrieren oder im schlimmsten Fall neue Felgen.


Prüfe die Speichenspannung durch leichtes Zusammendrücken gegenüberliegender Speichen. Sie sollten alle ähnlich fest sein. Lockere Speichen führen zu Instabilität und können zum Speichenbruch führen.

Reifenzustand

Die Reifen sollten ein klares Profil aufweisen und keine Risse in der Flanke oder Lauffläche zeigen. Kleine Risse im Gummi sind bei älteren Reifen normal, tiefe Risse sind sicherheitskritisch. Die Karkasse darf nicht sichtbar sein.


E-Bike-spezifische Reifen sind auf höhere Belastungen ausgelegt – achte darauf, dass die montierten Reifen für E-Bikes freigegeben sind (erkennbar am „E-Bike ready" Symbol). Ein Reifensatz kostet 60-120 Euro.

Der ultimative Test

Alle statischen Prüfungen ersetzen keine gründliche Probefahrt. Plane mindestens 30 Minuten ein und teste verschiedene Szenarien.


Fahre auf unterschiedlichen Untergründen: glattem Asphalt, holprigen Wegen und Steigungen. Achte auf Geräusche, die nur unter Last auftreten. Teste alle Gänge und Unterstützungsstufen. Das E-Bike sollte spurstabil geradeaus fahren ohne ständige Lenkkorrekturen.


Bremse mehrfach kräftig aus höherer Geschwindigkeit. Die Bremsen sollten ohne Geräusche gleichmäßig verzögern, das Rad darf nicht einseitig ziehen. Bei einem Focus E-Bike oder anderen Qualitätsmarken erwarte ein harmonisches, ausgewogenes Fahrverhalten.